Staat ohne Diener?Wege aus der Personalnot

Aufnahme des Veranstaltungsraums im Studieninstitut Ruhr in Dortmund.
Das 18. Symposium für Personalmanagement fand in den Räumen des Studieninstituts Ruhr in Dortmund statt

Bericht zum 18. Symposium für Personalmanagement im öffentlichen Sektor

Am 19. November 2024 fand in Dortmund in den Räumen des Studieninstituts Ruhr das 18. Symposium für Personalmanagement im öffentlichen Sektor statt. Unter dem Titel „Staat ohne Diener? Wege aus der Personalnot“ wurden Lösungsansätze diskutiert, um den Personalmangel im öffentlichen Dienst zu bewältigen. Veranstaltet wurde das Symposium gemeinsam durch die HSPV NRW und das Studieninstitut Ruhr. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis zeigten Wege aus der Personalnot auf. Das Symposium richtete sich an Fach- und Führungskräfte des Personalmanagements von Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen. Insgesamt informierten sich über 120 Teilnehmende über aktuelle Entwicklungen.

Thematischer Ausgangspunkt des Symposiums war der seit vielen Jahren vorhergesagte Fachkräftemangel. Auch im öffentlichen Sektor ist in vielen Bereichen die Personalsituation schwierig. Eltern beklagen sich über Unterrichtsausfälle wegen fehlender Lehrkräfte, der Aufbau des Personalbestands bei der Bundeswehr erfolgt nicht im gewünschten Ausmaß, die Verkehrsinfrastruktur könnte an vielen Stellen schneller instand gesetzt und optimiert werden, wenn es nur genügend Fachpersonal gäbe. Bürgerinnen und Bürger bemerken, dass auch Leistungen der öffentlichen Hand nicht mehr im gewohnten Umfang zur Verfügung stehen – die bedrohliche Vorstellung eines Staats ohne Diener wirkt nicht mehr völlig realitätsfremd. Ursachen des Personalmangels sind unter anderem die derzeit hohe Anzahl altersbedingter Abgänge im öffentlichen Sektor, eine für viele Bewerbende aktuell (noch?) gute Arbeitsmarktlage und das tendenziell durch die demografische Entwicklung nachlassende Arbeitskräfteangebot.

Das Symposium wurde durch Prof. Dr. Andreas Gourmelon eröffnet. Er wies auf das derzeitige Ausmaß des Personalmangels hin (nach Schätzungen des dbb beamtenbund und tarifunion 570.000 freie Stellen im öffentlichen Dienst Deutschlands). Die Referentinnen und Referenten sowie Teilnehmenden wurden des Weiteren durch den Präsidenten der HSPV NRW, Martin Bornträger, und den Direktor des Studieninstituts Ruhr, André Jödicke, begrüßt.

Dr. Gerd Zika vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg erläuterte Prognosen zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials und zeigte die Folgen für den öffentlichen Sektor auf. Diese Ausführungen bildeten die Grundlage für die nachfolgenden Vorträge, die Wege aus der sich vermutlich verschärfenden Personalnot aufzeigten.

Vorträge

  • So erläuterte LPD Markus Henkel die Aktivitäten der Polizei des Landes NRW im Bereich der Personalanwerbung. Zudem skizzierte er Ansatzpunkte für eine zukunftsweisende Personalentwicklung, die auch zu einer besseren Bindung der Beschäftigten beitragen soll.
     
  • Technische Innovationen und deren mögliche Beiträge zur Entlastung des Personals standen im Zentrum der Vorträge von Sabrina Donner vom Landkreis Lüchow-Dannenberg und Esther Herfurth von der HSPV NRW. Letztere informierte die Teilnehmenden über die Chancen und Herausforderungen beim Einsatz sozialer Roboter in Stadtbibliotheken. Dabei nahm Frau Herfurth Bezug zu Erkenntnissen aus dem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt RuhrBots. Sarah Ratzeburg, Leiterin der Stabstelle Digitalisierung beim Landkreis Lüchow-Dannenberg, stellte Praxiserfahrungen beim Einsatz Künstlicher Intelligenz vor. Im Landkreis wird ein System eingesetzt, welches Besprechungen protokollieren kann, ein anderes überprüft die Vollständigkeit von Anträgen.
     
  • Prof. Dr. Bettina Franzke erläuterte in ihrem Vortrag, ob Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Lösungsansatz zur Behebung des Problems des Personalmangels sind oder ob derartige Maßnahmen das Problem eher verschärfen. Sie schilderte ausführlich und humorvoll empirische Erkenntnisse zur beruflichen Situation verschiedener Beschäftigtengruppen, insbesondere von Frauen. Die Professorin der HSPV NRW leitete aus diesen Erkenntnissen ab, wie die Erwerbsquote von Frauen gesteigert werden könnte.
     
  • Sebastian Lohr, Geschäftsführer Interner Service der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, referierte über die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt. Er zeigte das Potenzial dieser Gruppe für öffentliche Arbeitgeber auf. Auch aus seinen praktischen Erfahrungen als Personalmanager konnte er zahlreiche Hinweise geben, wie die Anwerbung und Qualifizierung geflüchteter Menschen gelingen kann.
     
  • Stadtrat Christian Uhr, Beigeordneter für Personal und Organisation der Stadt Dortmund, stellte das Boarding-Konzept der Stadt Dortmund lebhaft dar. Dieses Konzept umfasst Maßnahmen für neue Beschäftigte, aber zum Beispiel auch für Beschäftigte, die innerhalb der Stadtverwaltung die Stelle wechseln sowie für Personen, welche ihre Tätigkeit bei der Stadt Dortmund beenden.
     
  • Die Fragen, ob und wie der Personalmangel im öffentlichen Sektor durch eine Ausweitung des ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements kompensiert werden kann, beantwortete Prof. Dr. Andrea Walter von der HSPV NRW. Hierzu nahm sie Bezug auf umfassende empirische Erkenntnisse zum ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, welche auch im Rahmen ihrer Forschungsvorhaben erarbeitet wurden.
     
  • Mit ihrem Vortrag zum Thema „Motivation von älteren Beschäftigten erhalten“ brachte Dr. Annette Kluge, Professorin an der Ruhr-Universität Bochum, viele der Teilnehmenden zum intensiven Nachdenken. Die Expertin für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie zeigte auf, dass ein alterssensitives Personalmanagement Voraussetzung dafür ist, die Kompetenzen älterer Beschäftigter für die Arbeitgeber und Dienstherren länger verfügbar zu halten. Insbesondere müssten Altersstereotype überwunden werden.
     

Zwischen den Vorträgen bot das Symposium ausreichend Raum für Diskussionen, Networking und Nachfragen an die Referentinnen und Referenten.

Das Symposium endete mit einem Dank von Prof. Dr. Gourmelon an die Teilnehmenden, dass sich diese dem Problem der Personalnot aktiv stellen. Das Problem sei durch eine Melange aus innovativen Maßnahmen des Personalmanagements, technologischem Fortschritt und gesellschaftlichem Umdenken zu bewältigen. Die von den Referentinnen und Referenten präsentierten Konzepte liefern Denkanstöße für den Arbeitsalltag. Entscheidend sei, jetzt aktiv zu handeln, um die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sektors in Deutschland zu sichern.
 

Die Beiträge der Referentinnen und Referenten wurden in folgendem Werk veröffentlicht:

Gourmelon, Andreas (2024): Staat ohne Diener? Wege aus der Personalnot. Rehm-Verlag.