Polizei und FremdheitDie UMFELDER-Studien

UMFELDER steht für: Umgang mit Fremdheit – Entwicklung im Längsschnitt der beruflichen Erstsozialisation
Polizei und Fremdheit

Vorstellung der UMFELDER-Studien 1 und 2

Polizei und Fremdheit – ein Thema, das nicht nur in jüngster Vergangenheit viele Menschen bewegt und häufiger zu emotionalen Diskussionen führt. So kann man zum Beispiel Aussagen hören wie: „Wer sich entschließt zur Polizei zu gehen, ist tendenziell politisch ‚rechts‘ verortet.“ Doch wie steht die Gruppe der Polizistinnen und Polizisten zu Fremden? Welche Einstellungen und Haltungen gegenüber Fremdheit haben sie? Hier setzen die UMFELDER-Studien des Forscherteams Krott/Krott/Zeitner an und bieten auch eine Chance, das emotionale Thema aufgrund wissenschaftlicher Ergebnisse zu versachlichen.

Die Anforderungen an die Polizei haben sich in der jüngsten Vergangenheit stark erweitert. Die Phänomene sind vielfältiger geworden und oft ist ein ausgeprägtes Spezialwissen notwendig, wie bei der Computerkriminalität. Zusätzlich erfordert die Vielfalt der Menschen, die in Deutschland lebt, eine hohe interkulturelle Kompetenz. In NRW hatte 2019 fast jede dritte Person Migrationserfahrung1. Laut Statista lebten 2021 in NRW 14,2 %2 Ausländerinnen und Ausländer3.

Insgesamt sind die Aufgaben und Anforderungen an die Polizistinnen und Polizisten vielfältiger geworden.4 Dabei müssen sich Polizeibeamtinnen und -beamte als Repräsentanten staatlicher Autorität auch aufgrund von Vorfällen in jüngerer Vergangenheit immer wieder mit dem Vorwurf auseinandersetzen, sich fremdenfeindlich beziehungsweise rassistisch zu verhalten und ihr Verhalten, beispielsweise bei Kontrollen, von fremdenfeindlichen Einstellungen und Vorurteilen gegenüber Personen anderer Ethnien bestimmen zu lassen.5 Somit ist auf die Förderung der interkulturellen Kompetenz und der Kommunikationsfähigkeit im dualen Bachelorstudiengang des Polizeivollzugsdienstes weiterhin ein besonderes Augenmerk zu legen.

Bereits 2013 hatte das Forscherteam Krott/Krott/Zeitner das Forschungsprojekt UMFELDER 1 (Umgang mit Fremdheit – Entwicklung im Längsschnitt der beruflichen Erstsozialisation) ins Leben gerufen. Von 2013 bis 2017 wurden explizite Einstellungen zu Beginn des Studiums, am Ende des fachwissenschaftlichen Grundstudiums, nach dem Praxismodul des Hauptstudiums und nach sechs Monaten Praxiszeit als ausgebildete Polizistinnen und Polizisten erhoben.

2019 startete die Replikation der Studie UMFELDER 2, die unter anderem darauf abzielt, die Einstellungen gegenüber Fremdheit nach einer längeren Praxiszeit (18 statt sechs Monate wie bei der Erststudie) zu untersuchen. Zudem wurde UMFELDER 2 durch einige Aspekte, wie die Rollenidentifikation, erweitert.

Die UMFELDER-Studien gehen den Fragen nach, ob und in welchem Ausmaß fremdenfreundliche oder fremdenfeindliche Einstellungen zu Beginn des Studiums vorliegen, sich diese im Laufe der Studienabschnitte verändern und wie sie letztlich durch Praxiserfahrungen beeinflusst werden.

Als Ergebnis der UMFELDER-Studie 1 ist festzuhalten, dass es im Verlauf des dreijährigen Studiums zu einer signifikanten Abnahme von Fremdenfeindlichkeit gekommen ist. In den ersten sechs Praxismonaten kam es sodann zu einem leichten Anstieg von Fremdenfeindlichkeit. Über die vier Jahre hinweg konnte eine Entwicklung hin zu weniger Fremdenfeindlichkeit beobachtet werden.6

Aufgrund dieser Ergebnisse stellte sich insbesondere die Frage, wie sich die Einstellungen gegenüber Fremdheit im weiteren Verlauf der polizeilichen Praxis entwickeln. Genau da setzt UMFELDER 2 an, denn die letzte Befragung wird 2024 nach 18 Monaten Praxiszeit erfolgen.

Die bislang vorliegenden Ergebnisse können als Hinweis auf die Wirksamkeit der im Studiengang Polizeivollzugsdienst angebotenen Maßnahmen – wie beispielsweise intensive Lehreinheiten in der Berufsrollenreflexion, Interkulturelle Kompetenz, Psychologie, Soziologie und Ethik – verstanden werden. Gleichzeitig verweisen die Ergebnisse auch auf die Notwendigkeit, entsprechende Angebote im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen nach Beendigung des Studiums vorzuhalten und eine obligate Teilnahme an solchen Maßnahmen festzuschreiben. In NRW wird dies bereits umgesetzt. So wird das Fach Berufsrollenreflexion zukünftig in den ersten drei Praxisjahren fortgesetzt; ebenso erfolgt die Einführung einer sogenannten Alltagreflexion.7

Entsprechende Formate und Möglichkeiten sollten während der gesamten Dienstzeit immer wieder aktiv angeboten werden, damit die Sensibilität der Polizistinnen und Polizisten, einen professionellen und wertschätzenden Umgang mit allen Menschen zu pflegen, stets erhalten und ständig gefördert wird. Es ist ein lohnender und zugleich langfristiger Prozess, der zugewandte Beharrlichkeit und auch finanzielle und personelle Ressourcen erfordert.

1 LWL: https://www.statistik.lwl.org/de/zahlen/migration/ (zuletzt abgerufen am 02.02.2023)

3 Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes sind, sind per Definition Ausländer und Ausländerinnen. Dazu zählen auch Staatenlose und Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Ausländer und Ausländerinnen können in Deutschland geboren oder zugewandert sein. Ausländer und Ausländerinnen sind eine Teilgruppe der Personen mit Migrationshintergrund (Statista; FN 2).

4 Krott, E.; Krott, N. & Zeitner, I. (2019): Umgang mit Fremdheit – Entwicklung im Längsschnitt der beruflichen Erstsozialisation (UMFELDER). Die Polizei, 110 (5), S. 129-139.

5 Prengel, H. (2012): Niemand weiß, ob Polizisten fremdenfeindlich sind: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-12/rechtsextremismus-fremdenfeindlichkeit-polizei?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F (zuletzt abgerufen am 06.02.2023)

6 Krott, E.; Krott, N. & Zeitner, I. (2019): Umgang mit Fremdheit – Entwicklung im Längsschnitt der beruflichen Erstsozialisation (UMFELDER). Die Polizei, 110 (5), S. 129-139.

7 IM NRW (Hrsg.) (2022): Stabsstelle rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW. Abschlussbericht. Band 1. Auftrag, Lagebild, Datenerhebungen und Handlungsempfehlungen. S. 2 und 3. Druck: Strack + Storch.