Studienreise nach IsraelReisebericht

Blick über Jerusalem
Blick über Jerusalem

Polizeistudierende besuchen Gedenkstätte Yad Vashem

Gemeinsam mit 15 weiteren Kommissaranwärterinnen und -anwärtern aus Nordrhein-Westfalen machte ich mich auf den Weg zu einer spannenden Reise: Vom Flughafen Amsterdam aus flogen wir zusammen in den Nahen Osten. Nach fast fünf Stunden Flug kam die Durchsage des Piloten: „Wir landen in Kürze in Tel-Aviv. Es erwarten Sie angenehme 16 Grad in Israel.“

Die Studienreise wurde von der Hochschule organisiert und finanziert. Für die Reise konnten sich Kommissaranwärterinnen und -anwärter aus dem gesamten Bundesland und von jedem HSPV-Studienort bewerben. Voraussetzung war ein Motivationsschreiben. Mit der Reise nach Jerusalem wollte ich meinen eigenen Horizont und mein Wissen erweitern. Die neu gewonnenen Erfahrungen und Eindrücke möchte ich an möglichst viele Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Darüber hinaus würde ich gerne als Ansprechpartner für Fragen zur Polizeigeschichte während der NS-Diktatur zur Verfügung stehen.

Am 5. Februar 2023 war es endlich soweit. Die Reisegruppe traf sich sehr früh am Morgen am Flughafen in Amsterdam. Unser Flug startete um 07:00 Uhr. Die Vorfreude und das Interesse waren spürbar. Was erwartet uns? Wie sicher ist Israel? Wie wird uns das Programm in Yad Vashem gefallen? Auf dem Rückflug waren sich alle einig: Es war eine sehr lehrreiche und außergewöhnliche Woche in Israel.

Unsere Reisegruppe war in einem Hotel innerhalb der Stadtmauern untergebracht, von wo aus wir in kurzer Zeit zahlreiche Sehenswürdigkeiten und erlebnisreiche Orte erreichten. Unser Wochenprogramm wurde mit Unterstützung der „International School for Holocaust Students“ gestaltet.

Am Montag haben wir eine Stadtführung mit unserer Reiseleiterin Yana gemacht. Unsere Tour begann am Ölberg. Mit dem besten Blick über Jerusalem erfuhren wir, dass die Stadt bereits um das Jahr 4500 v. Chr. besiedelt war. Jerusalem ist ein Ort der Weltreligionen und „voller Energie und Leidenschaft“. Gemeinsam haben wir versucht, die geschichtlichen Hintergründe Jerusalems und ihre Bedeutung zu verstehen. Darüber hinaus erkundeten wir das christliche, armenische, jüdische und muslimische Viertel. Jerusalem steckt voller Geschichten, sodass uns eine halbtägige Stadtführung lediglich einen kleinen Einblick in die Weltstadt gab.

Zeichen „I love Jerusalem“
Zeichen „I love Jerusalem“
Gruppenfoto der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Gruppenfoto der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Die nächsten drei Tage verbrachten wir in Yad Vashem (übersetzt: Denkmal und Name), wo wir an Seminaren teilnahmen. Am Dienstag ging es vor allem um das Judentum und die jüdische Identität. Dazu haben wir uns in einem Workshop mit der Frage beschäftigt, wie das jüdische Leben in Polen vor dem Weltkrieg aussah. Wir stellten fest, dass jüdische Gemeinden in Polen sehr stark vertreten waren und sich dort auch politische und soziale Gruppen bildeten.

Am nächsten Tag bekamen wir eine Führung durch das historische Holocaust Museum. Die Stimmung während der Führung war bedrückt. Überwältigt von der Architektur und der Darstellung der NS-Zeit, konnten wir kaum oder gar nicht auf Fragen antworten. Die Scham über die deutsche Geschichte und die damalige Politik war deutlich spürbar. Der Auftrag als deutsche Kommissaranwärterinnen und -anwärter war uns allen klar: Nie wieder!

Am Donnerstag beschäftigten wir uns mit dem jüdischen Leben in der Nachkriegszeit. Dazu konnten wir mit dem „Nazi-Jäger“ Dr. Efraim Zuroff sprechen. Er erklärte uns, dass er vor allem im ehemaligen Jugoslawien nach Kriegsverbrechern sucht. Er sei zu einem Drittel Historiker, zu einem Drittel Detektiv und zu einem Drittel Lehrer. Besonders emotional wurde es bei Michel Kichka, Sohn eines Holocaust-Überlebenden. Er berichtete vom Aufwachsen in einer vom Holocaust geprägten Familie: „Als Kind wollte ich meinem Vater nie wehtun – ich spürte, dass er Schlimmes erlebt hatte.“ Michel Kichka ist Zeichner und Künstler. Er erzählt seine Geschichte unter anderem in dem Comic „Second Generation – The Things I Didn't Tell My Father“.

Den vorletzten Tag nutzten wir, um in den Norden Israels zu fahren. Bei Zwischenstopps in Tiberias (am See Genezareth) und in der Stadt Nazareth konnten wir die Sonne genießen.

Das Privileg, nach Israel reisen zu dürfen und das Land, seine Kultur und die Geschichte kennenzulernen, hat uns alle demütig gemacht. Gleichzeitig hat uns die Reise gezeigt, wie wichtig Erinnerungskultur und Aufklärung sind. Wir müssen dafür sorgen, dass die NS-Zeit nie in Vergessenheit gerät. Nur so können wir aktuelle Entwicklungen verstehen und die Zukunft sicher gestalten.

Während der Reise haben wir viel zusammen unternommen. Wir haben uns kennengelernt, konnten die Abende miteinander verbringen und den Tag Revue passieren lassen. Eine Studienreise ist auch immer eine Gelegenheit, neue Freundschaften zu schließen. Uns verbindet jetzt mehr als nur der Beruf. Die Reise und die Gruppe werden mich immer an eine schöne Zeit in meinem Leben erinnern. Eine Zeit, auf die man gerne zurückblickt. Weitere Treffen sind bereits geplant.

Ich danke der HSPV NRW für die Organisation. Ich wünsche mir, dass auch in Zukunft viele Kommissaranwärterinnen und -anwärter die Möglichkeit haben, Israel zu erleben.