Historisches Fenster Februar/März 2015Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn werden vom Landgericht Köln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt

Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn werden vom Landgericht Köln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt

11. Februar 1980: Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn werden vom Landgericht Köln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt

22. März 1971: Beate und Serge Klarsfeld versuchen, den Kriegsverbrecher Kurt Lischka in Köln zu entführen

Prof. Dr. Heike Wüller, Forschungsgruppe BiBeLL

„In diesem Sitzungssaal wurden am 11. Februar 1980 Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn durch das Schwurgericht des Landgerichts Köln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Als Angehörige der SS im besetzten Frankreich waren sie mitverantwortlich für die Deportation von 75000 Juden, darunter 11400 Kinder, in die Vernichtungslager. Tausende französischer Juden nahmen als Zuhörer an den 35 Verhandlungstagen dieses Prozesses teil.“ Dieser Text einer Gedenktafel, die seit dem 10. Mai 2010 im Lichthof des Gerichtsgebäudes am Kölner Appellhofplatz angebracht ist [1], erinnert an einen Prozess und ein Urteil, dem eine mehr als zwanzigjährige problembeladene und hochkomplexe Recherche vorausging. Paradigmatisch steht die Geschichte hinter der Tafel für den Umgang der Deutschen mit dem Erbe der nationalsozialistischen Vergangenheit. Die Geschichte handelt von der Verstrickung bundesdeutscher Entscheidungsträger aus Politik, Justiz, Verwaltung und Polizei in die Verbrechen des NS-Regimes, vom Leugnen und Verdrängen und von einigen wenigen Unerschrockenen, die der Wahrheit schließlich ans Licht verhalfen.

Bevor der Prozess gegen drei Kriegsverbrecher in Köln beginnen konnte, waren in den Jahren zwischen 1960 und 1980 mehrere zehntausend Dokumente gesammelt und hunderte Tatverdächtige ermittelt worden. Justizintern sprach man im konkreten Fall vom „Frankreich-Komplex“, weil es bei alledem darum ging, den Tatverdächtigen ihre Beteiligung an den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen im von den Deutschen besetzten Frankreich nachzuweisen. Trotz dieses riesigen Aufwandes wurden am Ende nur drei Männer rechtskräftig verurteilt, eben jene, deren Namen die Gedenktafel in Köln festhält.[2]

Ausgelöst worden waren die Ermittlungen im „Frankreich-Komplex“ durch einen Mann namens Thomas Harlan. Er war der Sohn des Film-Regisseurs Veit Harlan, der sich in der NS-Zeit mit antisemitischen oder Durchhalteparolen verbreitenden Propagandafilmen wie „Jud Süß“ (1940) oder „Kolberg“ (1945) bekannt gemacht hatte. Thomas Harlan zeigte 1960 93 Personen wegen ihrer vermeintlichen Beteiligung an Gewalttaten im besetzten Frankreich bei der (erst 1958 eingerichteten) „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen“ in Ludwigsburg an. [3] Als Harlan darauf von einem der Männer, deren Namen er der Zentralstelle genannt hatte, nämlich dem ehemaligen SS-Standartenführer Franz Alfred Six, verklagt wurde, musste er Beweise für seine Tatvorwürfe beibringen und begann aufwändige Recherchen, bei denen er unter anderem vom hessischen Generalsstaatsanwalt Fritz Bauer tatkräftige Unterstützung erhielt. Die Zentrale Stelle in Ludwigsburg lieferte – parallel recherchierend - 1966 einen „Vorläufigen Abschlussbericht“ mit ihren Ermittlungsergebnissen nach Köln, wo sich seit 1961 eine weitere Zentralstelle bei der Staatsanwaltschaft befand (neben einer weiteren Zentralstelle in Dortmund war sie nun ausschließlich für die Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in NRW zuständig). Da mehrere der von den Ludwigsburger Ermittlern ausgemachten 20 Hauptverdächtigen in NRW wohnten, wurde nun also die Zuständigkeit nach Köln gegeben. Die Zentralstellen besaßen grundsätzlich nicht die Rechte einer Staatsanwaltschaft, folglich mussten sie ihre Ermittlungsergebnisse, wenn es zu einer Anklage kommen sollte, an ordentliche Staatsanwaltschaften abgeben. Im konkreten Fall, dem „Frankreich-Komplex“, wurden nach nicht unerheblichem Hickhack um örtliche und sachliche Zuständigkeiten 1975 schließlich drei getrennte Verfahren in Gang gesetzt: gegen die schwer belasteten Angehörigen der Militärverwaltung ermittelte fortan die Staatsanwaltschaft München. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart – und in Teilen die Staatsanwaltschaft Aurich sowie die Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg – wurden befasst mit den Verfahren gegen Angehörige der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Ein Verfahren gegen Beteiligte an Gewaltexzessen im Rahmen von „Bandenkampfmaßnahmen“ im Jahr 1944 wurde in Köln weiter verhandelt. Über diese Zerstückelung des Verfahrens zeigte sich die Ludwigsburger Zentralstelle in hohem Maße erbost, auch über die Art und Weise, wie sich die über das Bundesgebiet verteilten beteiligten Staatsanwaltschaften über Zuständigkeiten auseinandersetzen, vor allem: wie sie diese von sich wiesen. Der Frankreichdezernent der Zentralen Stelle in Ludwigsburg Herbert Schneider formulierte seine Bedenken gegen die räumliche Verfahrensstückelung gegenüber dem Justizministerium Baden-Württemberg: „Man mag die Auffassung vertreten, daß gegen einige der potentiell beteiligten Personen Ermittlungen nicht angezeigt sind. Es dürfte sich jedoch verbieten, dies der Öffentlichkeit gegenüber etwa bezüglich Best oder Lischka zu vertreten. Der Vorwurf, daß mit der Aufsplitterung der Verfahren hochrangige Tatverdächtige aus der Liste der Beschuldigten verschwinden, könnte erhoben werden.“ [4]

Um welche Art Tatverdächtige es sich beim „Frankreich-Komplex“ handelte, machen die beiden von Schneider erwähnten Namen besonders deutlich: Der als erster erwähnte (Dr. Werner) Best (1903-1989) war Organisationschef des Sicherheitsdienstes (SD) des Reichsführers SS – des Geheimdienstes der NSDAP und der SS - in München gewesen, ab 1935 Stellvertreter Reinhard Heydrichs als Leiter der preußischen Geheimen Staatspolizei in Berlin, dann Stellvertretender Leiter der Sicherheitspolizei und des SD im seit 1939 existierenden Reichssicherheitshauptamt, von 1940 bis 1942 als Chef des Verwaltungsstabes beim Militärbefehlshaber Frankreich tätig und als solcher verantwortlich für die Einleitung der dortigen Judenverfolgung sowie seit 1942 eingesetzt als „Reichsbevollmächtigter Dänemark“. 1948 war er in Kopenhagen zum Tode verurteilt worden. Das Urteil wurde nicht vollstreckt und Best 1951 aus der dortigen Haft entlassen. [5]

Kurt Lischka (1909-1989), der zweite von Schneider hervorgehobene unbedingt Tatverdächtige, war ab 1935 Mitarbeiter der Geheimen Staatspolizei in Berlin gewesen, zunächst als Referent für Kirchenangelegenheiten und ab 1938 als Leiter des Referats II B, dessen Zuständigkeit die Bereiche „Konfessionen, Juden, Freimaurer, Emigranten, Pazifisten“ umfasste. Zwischen Januar und August 1940 war Lischka Leiter der Kölner Gestapo, dann wurde er nach Paris zum Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD versetzt, wo er als Leiter des Amtes II – zuständig für Organisation und Verwaltung – und stellvertretender Befehlshaber der Sicherheitspolizei maßgeblich verantwortlich war für die Deportation von über 70.000 französischen Juden nach Auschwitz. Von Januar bis September 1942 fungierte Lischka in Personalunion als Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Paris. Im September 1943 wurde er dann, denn es gab Vorwürfe der Bestechlichkeit gegen ihn, von seinem Posten in Paris nach Berlin abgezogen. Das damals in Gang gesetzte Strafverfahren gegen ihn endete mit einem Freispruch, Lischka setzte seine Karriere fort, wurde nunmehr im Reichssicherheitshauptamt, Referat IV D 1, eingesetzt, wo er zuständig war für „Gegnerbekämpfung“ im Protektorat Böhmen und Mähren. Nach dem Attentat auf Hitler wurde Lischka Mitglied der vom Reichssicherheitshauptamt eingerichteten, aus über 400 Männern bestehenden „Sonderkommission 20. Juli 1944“. Im September 1950 verurteilte ihn ein französisches Militärgericht in Abwesenheit zu lebenslanger Zwangsarbeit. [6]

Unbestritten gehörten Männer wie Best oder Lischka vor Gericht. Aber: Die großen NS-Verfahren, wie etwa der Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958 und die Auschwitzprozesse in Frankfurt in den 1960er Jahren hatten in der Bundesrepublik keine Prozesswellen in Gang gesetzt, im Gegenteil agierte die Justiz, wenn es um die Verfolgung von Nazi-Verbrechen ging, nur sehr zögerlich. Wie schon in den 1960er und 1970er-Jahren immer deutlicher wurde, lag ein besonders schwerwiegender Grund dafür darin, dass in einem nicht geringen Maß die personellen Kontinuitäten auf der Ebene der politischen Entscheidungsträger und der Führungskräfte bei Justiz und Polizei wirkten: Alte Kameraden hielten zusammen. [7] Zudem aber schützte auch lange Zeit eine rechtliche Besonderheit die NS-Täter vor der strafrechtlichen Verfolgung in Deutschland: Im „Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen“, dem sogenannten Überleitungsvertrag, zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten USA, Großbritannien und Frankreich, 1952 geschlossen, am 5. Mai 1955 in Kraft getreten, waren nicht nur Regelungen zu deutschen Wiedergutmachungsverpflichtungen enthalten, sondern auch die Frage der strafrechtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechern wurde hier geregelt: Artikel 3 Absatz 3 sah vor, dass NS-Täter, die von US-amerikanischen, britischen oder französischen Gerichten verurteilt oder freigesprochen worden waren, in Deutschland nicht mehr für die in Frage kommenden Taten vor Gericht gestellt werden konnten. Konkret hieß das also: Keine Strafverfolgung in Deutschland wegen Artikel 3 des Überleitungsvertrags, keine Auslieferung ans Ausland wegen Artikel 16 Grundgesetz. Für den Frankreich-Komplex besonders entscheidend war darüber hinaus der 1966 vom BGH getroffene „Beschluss Hempen“. [8] Georg Hempen war Lagerverwalter des SS-Sonderlagers „Feste Goeben“ in Metz gewesen, in dem überwiegend französische Widerstandskämpfer inhaftiert worden waren. Hempen war wegen besonderer Brutalität bei der Behandlung der Gefangenen aufgefallen.

Nach dem Krieg tauchte er zunächst unter, arbeitete dann unbehelligt bis 1962 als Kriminalpolizist, wurde 1963 verhaftet und in Oldenburg vor Gericht gestellt. Gegen die Einstellung seines Verfahrens, denn so endete der Prozess, legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Der BGH, daraufhin mit der Sache befasst, bekräftigte in einer hochumstrittenen und viel kritisierten Entscheidung unter Hinweis auf Artikel 3 des Überleitungsvertrages die Entscheidung des Oldenburger Landgerichts. Da Frankreich in den 1950er Jahren häufig die Praxis verfolgt hatte, Haft- oder Todesstrafen gegen deutsche Kriegsverbrecher in Abwesenheit auszusprechen, war es nun also auch weiterhin in den allermeisten Fällen nicht möglich, die im „Frankreich-Komplex“ ermittelten Täter vor deutsche Gerichte zu bringen. [9] Die Kölner Zentralstelle nahm deswegen mit dem Bundesjustizministerium Gespräche auf. Ziel war, einen Vertrag zwischen Frankreich und Deutschland zu erwirken, der die Strafverfolgung der NS-Verbrecher in Deutschland ermöglichte.

Das entsprechende „Deutsch-Französische Zusatzabkommen zum Überleitungsvertrag“ wurde dann tatsächlich 1971 unterzeichnet, der Bundestag ratifizierte es allerdings erst 1975. Es hatte nämlich massive Interventionen von politischer Seite gegeben, allen voran trat der FDP-Bundestagsabgeordneten Ernst Achenbach (1909-1991) auf den Plan, der selbst von 1940 bis 1943 als Mitarbeiter des Auswärtigen Dienstes Leiter der Politischen Abteilung der deutschen Botschaft in Paris und in dieser Funktion mitverantwortlich für die Judendeportationen gewesen war. In der Nachkriegszeit arbeitete Achenbach als Rechtsanwalt in Essen, setzte sich mit Werner Best, dem oben schon kurz Portraitierten, für eine Generalamnestie für NS-Täter ein und betrieb den Versuch, ehemalige Nazis in der nordrhein-westfälischen FDP ‚unterzubringen‘.[10]

1975 also erst war – endlich - der Weg frei, Kurt Lischka und andere auf der Harlan-Liste verzeichnete mutmaßliche Kriegsverbrecher wegen ihrer Beteiligung an Judendeportationen in Frankreich in Deutschland gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen.

In Köln hatten sich mit Lischka im Ende 1979 beginnenden Prozess dann noch zwei weitere Männer zu verantworten: Ernst Heinrichsohn und Herbert Hagen. Ernst Heinrichsohn (1920-1994) war ebenfalls bei der Gestapo in Paris tätig gewesen, als Mitarbeiter Lischkas im Judenreferat war er als Transportsachbearbeiter mitverantwortlich für die Organisation der Deportation zehntausender französischer Juden nach Auschwitz. 1956 war er in Frankreich in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. [11] Und Herbert Hagen (1913-1999) war 1937 im SD-Hauptamt Leiter des Judenreferats gewesen – übrigens zu diesem Zeitpunkt der Vorgesetzte von Adolf Eichmann. Nach Gründung des Reichssicherheitshauptamtes arbeitete er dort im Amt VI, dem Auslandsnachrichtendienst, wo er die die Leitung der Dienststelle VI H 2 (Judenfragen und Antisemitismus) übernahm. Im Juni 1940 wurde Hagen in Bordeaux zum Leiter einer der elf in Frankreich eingerichteten Außendienststellen der Sicherheitspolizei und des SD ernannt. 1944 schließlich leitete er ein Einsatzkommando in Kärnten. Ein französisches Militärgericht verurteilte ihn 1955 zu lebenslangem Arbeitslager. [12]

Allen drei Angeklagten war es nach dem Krieg gelungen, in der Bundesrepublik in bürgerliche Berufe zurückzukehren. Lischka arbeitete in Köln als Prokurist in einer Getreidegroßhandlung, Heinrichsohn war bis zu seiner Verurteilung 1980 als Rechtsanwalt im fränkischen Miltenberg und Bürgermeister in Bürgstadt (Franken) tätig gewesen und Hagen leitete eine Industrieapparatebau-Firma in Anröchte.

Dreieinhalb Jahre hatten die Kölner Staatsanwälte nun, von 1976 an, ermittelt, allen voran Rolf Holtfort, der seit 1973 als Staatsanwalt bei der Kölner Zentralen Stelle für die Aufklärung von NS-Verbrechen eingesetzt und für den „Frankreich-Komplex“ zuständig war, bevor der Prozess im Oktober 1979 beginnen konnte. [13] Unter anderem griffen die Staatsanwälte in Köln auch auf einen Bericht des Landeskriminalamtes NRW aus dem Jahr 1974 zurück. Hier, beim LKA, war eigens für die Ermittlungsarbeit im „Frankreich-Komplex“ eine Sonderkommission gegründet worden, die jeden Tatverdächtigen erfasst und alle nur möglichen und erreichbaren NS-Dokumente zur Sache ausgewertet hatte. Die im Rahmen dieser Arbeit zusammengestellten Dokumente lieferten den einwandfreien Beweis, dass Lischka, Heinrichsohn und Hagen an den Deportationen der französischen Juden beteiligt gewesen waren. [14] Im Anklagesatz gegen die drei Tatverdächtigen stand entsprechend jetzt, 1979, zu lesen: „Die Angeschuldigten sind hinreichend verdächtig, die Pläne der NS-Führung um die Vernichtung der jüdischen Menschen in Europa und die Bedeutung des Begriffs ‚Endlösung der Judenfrage‘ gekannt, zumindest aber mit der Möglichkeit der Tötung der deportierten Juden ernsthaft gerechnet und trotzdem einverständlich an den Deportationsmaßnahmen mitgewirkt zu haben. Sie kannten das gewaltige Ausmaß der Deportationen und deren Begleitumstände, die deutlich machten, daß die Deportierten in Auschwitz, dem Endziel der Transporte, einem grausamen Schicksal entgegengingen.“ [15]

Als am 23. Oktober 1979 der Prozess vor der 15. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts beginnen sollte, spielten sich auf der Straße vor dem Gebäude tumultartige Szenen ab. Aus Frankreich angereiste jüdische Bürger, die selbst vom NS-Unrecht Betroffene oder Angehörige von Betroffenen waren, hatten sich vor und im Gericht versammelt und zeigten lautstark ihren Unmut – gegenüber den Angeklagten, deren Eintreffen sie mit „Assassins!“(Mörder)-Rufen begleiteten, aber auch gegenüber dem Gericht, weil sie mutmaßten, dass der Prozess nicht angemessen durchgeführt werden würde. [16]

Zum Zeitpunkt der Prozesseröffnung war Kurt Lischka in Köln längst kein Unbekannter mehr. Gut acht Jahre zuvor nämlich war er Opfer einer Straftat geworden, worüber die lokale, nationale, ja sogar internationale Presse ausführlich berichtet hatte: Am 22. März 1971 hatten die deutsch-französische Journalistin und Aktivistin Beate Klarsfeld, ihr französischer Mann Serge und drei weitere Männer versucht, Kurt Lischka in Köln zu entführen. Beate Klarsfeld war der deutschen Öffentlichkeit da schon als eine erfolgreiche „Protestunternehmer[in]“ bekannt, die es verstand, „mit provokativen Aktionen mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen, die Behörden unter Handlungsdruck zu setzen und Solidarität für ihre Sache zu mobilisieren.“ [17] Das Foto, das sie zeigt, als sie auf spektakuläre Weise 1968 auf einem CDU-Parteitag dem amtierenden Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger vor großem Publikum eine Ohrfeige gegeben hatte, dazu „Kiesinger Nazi, abtreten!“ rufend, um auf Kiesingers nationalsozialistische Vergangenheit als frühes NSDAP-Mitglied und einer der führenden Köpfe der „Rundfunkpolitischen Abteilung“ des Auswärtigen Amtes aufmerksam zu machen, ist noch heute Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses der Bundesrepublik.

Schon einige Wochen vor dem Entführungsversuch im Jahr 1971 hatte das Ehepaar Klarsfeld Kurt Lischka in seiner Wohnung in Köln aufgesucht und versucht, ihn dazu zu bringen, sich der französischen Justiz zu stellen. Lischka, wie anders nicht zu erwarten, weigerte sich, worauf Beate und Serge Klarsfeld am nächsten Tag mit dem Fotografen und Kameramann Harry Zvi Dreifuss vor Lischkas Wohnung erschienen und ihn auf seinem Weg über die Straße filmend verfolgten. Der Film ist ein noch heute bekanntes Dokument. Man sieht, wie Lischka vor der Kamera flieht und versucht, sein Gesicht hinter seiner Aktentasche zu verstecken. Ähnlich waren das Ehepaar Klarsfeld und Harry Dreifuss auch schon mit Herbert Hagen verfahren. Auch ihn hatten sie vor laufender Kamera vor seinem Haus in Warburg zur Rede zu stellen versucht. Hagen ging anders mit der Situation um als Lischka: Er lachte die drei mehr oder weniger in die Kamera hinein aus. [18]

Der dann am 22.3.1971 folgende Entführungsversuch Lischkas scheiterte, er wurde durch einen zufällig am Tatort erscheinenden Bahnpolizisten vereitelt. Ein zweiter Versuch folgte wenige Tage später. Aber auch dieser gelang nicht: Lischka wehrte sich, er war sehr groß, den Entführern gelang es nicht, ihn ins Auto zu zerren. Unverrichteter Dinge mussten die Klarsfelds nach Frankreich zurückkehren. In Köln wurde der Fall nun zunächst als versuchter Raub ermittelt. Beate Klarsfeld aber gab gleich nach ihrer Rückkehr in Frankreich eine Pressekonferenz, in der sie und ihre Begleiter sich öffentlich zu der Tat bekannten. Zugleich warf Klarsfeld der Kölner Polizei vor, diese wolle den misslungenen Entführungsversuch am ehemaligen Kölner Gestapo-Chef und Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Paris vertuschen. Bei der Kölner Polizei wurde man daraufhin hellhörig – tatsächlich war bis dahin nicht im Detail klar, welche Vergangenheit das ‚Entführungsopfer‘ hatte - und schaltete das 14. Kommissariat, den polizeilichen Staatsschutz, ein. [19] Als für den Fall zuständiger Sachbearbeiter wurde nun der junge Kriminalkommissar Walter Volmer aktiv. [20] Volmer wird Jahre später erst erkennen, dass dieser Fall Teil seines ganz persönlichen allmählichen Einstellungswandels werden sollte und mit dazu beitrug, sich intensiv mit der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen, auch und gerade mit der Verstrickung der deutschen Polizei in die Verbrechen des Nationalsozialismus: „Das war der einzige Fall in meiner mehr als 40-jährigen Laufbahn, daß ich einer Verdächtigen (Frau Klarsfeld) gesagt habe, daß ich in dieser Sache lieber einen vollendeten Fall bearbeitet hätte“, kommentierte Volmer dreißig Jahre später die Geschehnisse des Frühjahrs 1971. [21]

Beate Klarsfeld war, nachdem ihre Pressekonferenz in Paris für einigen Wirbel gesorgt hatte, wieder nach Köln gereist und mit einer selbstrecherchierten „Lischka-Akte“ unter dem Arm bei der dortigen Staatsanwaltschaft vorstellig geworden. Da sie sich ja bereits selbst öffentlich zur versuchten Entführung Lischkas bekannt hatte, wurde nun Haftbefehl gegen sie erlassen – ein Vorgehen, das sofort sogar internationale Reaktionen hervorrief. Serge Klarsfeld, der seine Frau auch jetzt nach Köln begleitet hatte, startete derweil eine neue Aktion gegen Kurt Lischka: Er lauerte ihm erneut auf und bedrohte ihn mit einer Pistole, nicht etwa, um ihn tatsächlich zu töten, sondern um zu zeigen, „dass wir die Möglichkeit hatten, NS-Verbrecher zu töten.“ [22] Auch gegen Serge Klarsfeld wurde daraufhin Haftbefehl erlassen. Unter dem Druck der öffentlichen Proteste war seine Frau drei Wochen nach ihrer Festnahme wieder frei. Die öffentliche Meinung in Deutschland, die den Aktionen der Klarsfelds bis dahin vielfach mit Unverständnis und Ablehnung begegnet war, änderte sich nun allmählich. „Lischka als Zeuge und Beate Klarsfeld auf der Anklagebank – dieses von der Presse um die Welt vermittelte Bild stand denn doch in zu deutlichem Gegensatz zum antinazistischen Anspruch der Bundesrepublik.“ [23]

Die Klarsfelds sammelten in den folgenden Monaten immer mehr Aktivisten um sich, vor allem waren dies die Kinder der aus Frankreich deportierten Juden, aber auch einige Juden, die selbst noch zu den Deportierten gehörten, und gründeten 1979 die Organisation „Fils et Filles des Déportés Juifs de France“. Deren Zielsetzung ist, gemeinsam für die Rechte der Hinterbliebenen der ermordeten französischen Juden einzutreten und Dokumente zur Shoah in Frankreich zu sammeln. Der Organisation gehören heute ungefähr 2000 Mitglieder an. [24]

Dass der Prozess gegen Lischka und die beiden Mitangeklagten 1979 in Köln überhaupt durchgeführt werden konnte, war entscheidend dem Engagement des Ehepaars Klarsfeld zu verdanken. Der spektakuläre Entführungsversuch war Auslöser für den Abschluss des „Deutsch-Französischen Zusatzabkommens zum Überleitungsvertrag“ von 1971 gewesen, im allgemeinen Jargon wurde es deswegen und weil Beate Klarsfeld selbst auf der politischen Ebene, etwa im persönlichen Gespräch mit Bundeskanzler Willy Brandt, aktiv geworden war, sogar als „Lex Klarsfeld“ bezeichnet. [25]

Am 11. Februar 1980 verurteilte das Kölner Schwurgericht Ernst Heinrichsohn zu sechs Jahren Gefängnis, Kurt Lischka zu zehn, Herbert Hagen zu zwölf Jahren. Lischka und Hagen wurden 1985 aus der Haft entlassen. Heinrichsohn war schon 1982 wieder auf freiem Fuß. Damit er während des von den drei Verurteilten in Gang gesetzten - allerdings gescheiterten - Revisionsverfahrens in Freiheit leben konnte, erwiesen ihm die Einwohner von Bürgstadt eine besondere Ehre: Die unterfränkische 4.000-Seelen-Gemeinde hatte eine Spendensammlung gestartet und auf diese Weise die stolze Kautions-Summe von 200.000 DM für ihren hoch geschätzten Bürgermeister aufgebracht. [26]

 

Literatur:

Arntz, Joachim: Die Geschichte der Gedenktafel zur Erinnerung an den Lischka-Prozess. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 101-106.

Buhlan, Harald und Werner Jung (Hg.): Wessen Freund und wessen Helfer? Die Kölner Polizei im Nationalsozialismus. Köln 2000.

Brunner, Bernhard: Lebenswege der deutschen Sipo-SD Chefs in Frankreich nach 1945. In: Herbert, Ulrich (Hg.): Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980. Göttingen 2002. S. 214-242.

Ders.: Die juristische Aufarbeitung der in Frankreich verübten NS-Gewaltverbrechen. In: Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003. S. 183-202.

Ders.: 30 Jahre Ermittlungen und drei Verurteilungen. Die Geschichte des „Frankreich-Komplexes“. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 83-91.

Faßbender, Heinz: Der Prozess gegen Lischka, Hagen und Heinrichsohn aus er Sicht des damaligen Schwurgerichtsvorsitzenden. In: Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003. S. 177-182.

Frei, Norbert (Hg.): Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945. Frankfurt/M., New York 2001.

Herbert, Ulrich (Hg.): Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980. Göttingen 2002.

Ders.: Rückkehr in die Bürgerlichkeit? NS-Eliten in der Bundesrepublik. In: L.I.S.A. Das Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung. https:// www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/content.php?nav_id=1152 (Stand: 12.02.2015)

Jessen, Ralph: Die siebziger Jahre als geschichtspolitische Inkubationszeit. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 29-33.

Klarsfeld, Beate: Politik und Protest: Die Überlebenden und ihre Kinder. In: Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003. S. 167-176.

Klarsfeld, Serge: Vichy – Auschwitz. Die Zusammenarbeit der deutschen und französischen Behörden bei der „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich. Hamburg 1989.

Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Aufl., Frankfurt am Main 2007.

Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003.

Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013.

Klein, Anne: Der Staatsanwalt Rolf Holtfort im Lischka-Prozess. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 92-95.

Moisel, Claudia: Frankreich und die deutschen Kriegsverbrecher. Politik und Praxis der Strafverfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg. Göttingen 2004.

Müller-Münch, Ingrid: Keine Aufklärung von Amts wegen. Verfahren gegen Kurt Lischka und andere: Die Kölner Justiz und ihr Umgang mit dem nationalsozialistischen Unrecht an Juden. In: Frankfurter Rundschau vom 21.11.2002.

Noethen, Stefan: Alte Kameraden und neue Kollegen. Polizei in Nordrhein-Westfalen 1945-1953. Essen 2003.

Steinbach, Almut: Der Kölner Prozeß. Untersuchungen zur Verfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik am Beispiel des Strafverfahrens gegen Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn 1979/80 in Köln. Unveröffentlichte Schriftliche Hausarbeit für die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an öffentlichen Schulen Fach: Geschichte. Bremen 1997.

Thamer, Hans-Ulrich: Die nordrhein-westfälische Justiz und der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit . Juristische Zeitgeschichte, Band 8, Justiz und Judentum. Herausgegeben vom Justizministerium des Landes NRW 1999, S. 47-57.

Volmer, Walter: „Ins Herz getroffen“ – Einstellungswandel durch Erkenntniszuwachs. In: Buhlan, Harald und Werner Jung (Hg.): Wessen Freund und wessen Helfer? Die Kölner Polizei im Nationalsozialismus. Köln 2000. S. 29-36.

Wüller, Heike: „Verwendung vor 1945“ – Polizeidienst im NS-Staat im Spiegel Kölner Personalakten der Nachkriegszeit. In: Buhlan, Harald und Werner Jung (Hg.): Wessen Freund und wessen Helfer? Die Kölner Polizei im Nationalsozialismus. Köln 2000. S. 633-668.

 

Konzeption: Forschungsgruppe BiBeLL der FHöV NRW
Text: Heike Wüller; Gestaltung: Martina Eckert

 

[*] Foto: Nachlass Walter Volmer)
[1] Vgl. Arntz, Joachim: Die Geschichte der Gedenktafel zur Erinnerung an den Lischka-Prozess. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 101-106.
[2] In den anderen Fällen begründeten die Gerichte die Einstellungen der Verfahren bzw. die Freisprüche der Angeklagten damit, dass sich die Staatsanwaltschaften nicht imstande sahen, den Angeklagten nachzuweisen, dass sie Kenntnisse von der Ermordung der Juden hatten. In einigen Fällen waren die Angeklagten aufgrund ihres Alters verhandlungsunfähig (vgl. dazu: Brunner, Bernhard: Die juristische Aufarbeitung der in Frankreich verübten NS-Gewaltverbrechen durch die bundesdeutsche Justiz. In: Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003. S. 183-202, hier: S. 197).
[3] Vgl. Brunner, Die juristische Aufarbeitung der in Frankreich verübten NS-Gewaltverbrechen durch die bundesdeutsche Justiz, S. 183-187.
[4] ZStL an JM BW vom 9.10.1975. In: ZStL 104 AR-Z 40/67, Bl. 490. Zitiert nach: Brunner, Die juristische Aufarbeitung der in Frankreich verübten NS-Gewaltverbrechen durch die bundesdeutsche Justiz, S. 189.
[5] Vgl. dazu vor allem: Herbert, Ulrich: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903-1989. Bonn 1996; Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich, S. 45.
[6] Vgl. dazu: Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Koblenz 2003, S. 374; Klarsfeld, Beate: Politik und Protest. Die Überlebenden und ihre Kinder. In: Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003. S. 167-176, hier: S. 170.
[7] Im konkreten Fall sollte sich herausstellen, dass der Kölner Generalstaatsanwalt Werner Pfromm, der dafür gesorgt hatte, dass das Verfahren gesplittet wurde, ehemaliger NS-Führungsoffizier der Wehrmacht gewesen war. Sieben der den beiden Zentralstellen in NRW in Köln und Dortmund vorstehenden Oberstaatsanwälten und Generalstaatsanwälten waren ehemalige NSDAP-Mitglieder (vgl. dazu: Brunner, Die juristische Aufarbeitung der in Frankreich verübten NS-Gewaltverbrechen durch die bundesdeutsche Justiz, S. 196). Zu den personellen Kontinuitäten in der deutschen Politik, Justiz und Verwaltung vgl. auch: Frei, Norbert (Hg.): Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945. Frankfurt/M. , New York 2001; Brunner, Bernhard: Lebenswege der deutschen Sipo-SD Chefs in Frankreich nach 1945. In: Herbert, Ulrich (Hg.): Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980. Göttingen 2002. S. 214-242; Klarsfeld, Politik und Protest, S. 172-173, Thamer, Hans-Ulrich: Die nordrhein-westfälische Justiz und der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit . Juristische Zeitgeschichte, Band 8, Justiz und Judentum. Herausgegeben vom Justizministerium des Landes NRW 1999, S. 47-57; Noethen, Stefan: Alte Kameraden, neue Kollegen. Polizei in Nordrhein-Westfalen 1945-1953. Essen 2003; Wüller, Heike: „Verwendung vor 1945“ – Polizeidienst im NS-Staat im Spiegel Kölner Personalakten der Nachkriegszeit. In: Buhlan, Harald und Werner Jung (Hg.): Wessen Freund und wessen Helfer? Die Kölner Polizei im Nationalsozialismus. Köln 2000. S. 633-668.
[8] Vgl. Moisel, Claudia: Frankreich und die deutschen Kriegsverbrecher. Politik und Praxis der Strafverfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg. Göttingen 2004, hier vor allem S. 196-210.
[9] Brunner, Bernhard: 30 Jahre Ermittlungen und drei Verurteilungen. Die Geschichte des „Frankreich-Komplexes“. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 83-91, hier: S. 86.
[10] Vgl. dazu: Brunner, 30 Jahre Ermittlungen, S. 86-87; Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich, S. 10.
[11] Vgl. Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich, S. 240; Klarsfeld, Serge: Vichy – Auschwitz. Die Zusammenarbeit der deutschen und französischen Behörden bei der „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich. Hamburg 1989.
[12] Vgl. Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich, S. 218; Klarsfeld, Politik und Protest, S. 171.
[13] Vgl. dazu: Klein, Anne: Der Staatsanwalt Rolf Holtfort im Lischka-Prozess. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 92-95.
[14] Brunner, 30 Jahre Ermittlungen, S. 86.
[15] HStaD Außenstelle Kalkum, Rep. 267 Nr. 260, S. 7143-7145; zitiert nach: Klein, Der Staatsanwalt Rolf Holtfort im Lischka-Prozess, S. 94.
[16] Grund für diese Annahme war unter anderem, dass nur der zweitgrößte Sitzungssaal reserviert worden war, obwohl viele Besucher erwartet wurden. Der sehr praktische Grund dafür bestand allerdings darin, dass im großen Gerichtssaal zum selben Zeitpunkt das „Herstatt-Verfahren“ - die Kölner Privatbank Herstatt war 1974 aufgrund von Devisenspekulationen insolvent geworden - verhandelt wurde. Vgl. Faßbender, Heinz: Der Prozess gegen Lischka, Hagen und Heinrichsohn aus er Sicht des damaligen Schwurgerichtsvorsitzenden. In: Klein, Anne und Jürgen Wilhelm (Hg.): NS-Unrecht vor Kölner Gerichten nach 1945. Köln 2003. S. 177-182, hier: S. 177.
[17] Jessen, Ralph: Die siebziger Jahre als geschichtspolitische Inkubationszeit. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 29-33, hier: S. 30.
[18] Klarsfeld, Politik und Protest, S. 170-171.
[19] Vgl. dazu: Müller-Münch, Ingrid: Keine Aufklärung von Amts wegen. Verfahren gegen Kurt Lischka und andere: Die Kölner Justiz und ihr Umgang mit dem nationalsozialistischen Unrecht an Juden. In: Frankfurter Rundschau vom 21.11.2002, o.S. als Kopie im Nachlass Volmer.
[20] Walter Volmer, zuletzt als Leitender Kriminaldirektor Chef der Kölner Kriminalpolizei, ist im Jahr 2010 verstorben. Seine Familie hat seinen umfänglichen Nachlass in die Obhut der Verfasserin gegeben, damit er – jetzt eingelagert an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Abt. Köln, an der Walter Volmer zwischen 1984 und 1997 selbst als Dozent und zeitweiliger kommissarischer Leiter gewirkt hat – im Rahmen der geschichtswissenschaftlichen Arbeiten der Forschungsgruppe Bildung, Beruf und Lebenslanges Lernen Verwendung finden kann. Wir danken Frau Gisela Volmer für ihr Vertrauen und für ihre großzügige Unterstützung.
[21] Volmer, Walter: „Ins Herz getroffen“ – Einstellungswandel durch Erkenntniszuwachs. In: Buhlan, Harald und Werner Jung (Hg.): Wessen Freund und wessen Helfer? Die Kölner Polizei im Nationalsozialismus. Köln 2000. S. 29-36, hier: S. 33. Walter Volmer hat sich im deutschlandweit ersten lokal orientierten und für weitere lokale Unternehmungen wegweisenden Forschungsprojekt zur Kölner Polizei im Nationalsozialismus, das in der Zeit von 1996 bis 2000 vom Polizeipräsidium Köln initiiert, durch das Innenministerium des Landes NRW finanziert und mit Unterstützung des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln unter Leitung von Dr. Harald Buhlan durchgeführt wurde, besonders engagiert. Vor allem seinen Arbeiten zu einer umfänglich erhaltenen ED-Kartei der Kölner Kriminalpolizei und über Handakten zu Morddelikten aus der NS-Zeit verdankt die Geschichtsforschung wichtige Erkenntnisse. Über die versuchte Entführung Kurt Lischkas berichtete Walter Volmer in einer Reihe von Vorträgen, auch in einer Radiosendung des Westdeutschen Rundfunks („Erlebte Geschichten“, WDR 5 Hörfunk, 2. 2.2003, 19.05 Uhr). Mit dem Kameramann Harry Zvi Dreyfus und seiner Frau Tamar verband Walter Volmer am Ende seines Lebens eine enge Freundschaft, auch mit Beate Klarsfeld korrespondierte er mehrfach.
[22] Klarsfeld, Politik und Protest, S. 171.
[23] Brunner, Die juristische Aufarbeitung der in Frankreich verübten NS-Gewaltverbrechen durch die bundesdeutsche Justiz, S. 195.
[24] Vgl. www.klarsfeldfoundation.org
[25] Vgl. Klarsfeld, Politik und Protest, S. 168-169.
[26] Vgl. Die Zeit, 7.3.1980 (www.zeit.de/1980/11/die-buergschaft (Stand: 12.02.2015)).

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