Risikoabschätzung von Radikalisierungsprozessen

Bei den jüngsten terroristischen Anschlägen in europäischen Städten handelte es sich bei den Tätern zumeist um polizeibekannte junge Männer, die als Sympathisanten terroristischer Vereinigungen bereits auffällig waren und zum Teil als gefährlich galten. Diese Ereignisse führten neuerlich vor Augen, wie unerlässlich und ausschlaggebend gründliche Risikoabwägungen und Gefährlichkeitseinschätzungen zur Verhinderung terroristischer Anschläge sind. Im vergangenen Jahrzehnt wurden viele Forschungsanstrengungen von Justiz- und Sicherheitsbehörden angeregt, um Prognoseinstrumente zu entwickeln, die bei der Einschätzung des Risikos, dass eine als extremistisch eingestufte Person tatsächlich eine terroristische Gewalttat begeht, unterstützen sollen. Ein vielfältiges Spektrum an Prognoseinstrumenten liegt mittlerweile vor. Unter wissenschaftlich methodischen Gesichtspunkten sind die Feststellungen bezüglich ihrer Objektivität, Reliabilität und Validität jedoch nicht zufriedenstellend.

Die zentrale Frage, die mit diesem Projekt verfolgt werden soll, lautet daher, wie sich Prognoseinstrumente im extremistischen Bereich verbessern lassen. Zu diesem Zweck werden zunächst bestehende Frühwarnsysteme und Instrumente hinsichtlich wissenschaftlicher Gütekriterien systematisch ausgewertet. Erste Indikatoren sollen aus dieser Analyse abgeleitet und als Basis für die Erstellung eines wissenschaftlich abgesicherten Indikatorensystems verwendet werden. In einem zweiten Schritt soll anhand ätiologischer Modelle zu Radikalisierung und Extremismus sowie anhand einer Einbeziehung psychologischer und kulturspezifischer beziehungsweise kulturübergreifender Variablen ein umfassender Indikatorenkatalog erarbeitet werden. Dieser soll die Basis für die Entwicklung eines Prognoseinstruments zur Gefährlichkeitseinschätzung von Personen bilden, die als extremistisch oder gar gefährlich gelten.