Die Darstellung der Polizei in deutschsprachiger Rapmusik (2015-2022)

Vertreterinnen und Vertreter der Polizei monieren seit Jahren eine steigende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten. Der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) schrieb zuletzt in einer Pressemitteilung von einer „Zunahme von Respektlosigkeiten, Diffamierungen sowie Angriffen und Gewaltattacken auf unsere Kolleginnen und Kollegen als Repräsentantinnen und Repräsentanten unseres demokratischen Staates" (Gewerkschaft der Polizei (GdP) - Bundesvor- stand, 2022). Zahlreiche Autorinnen und Autoren haben darauf hingewiesen, dass die wissenschaftlich nicht haltbare Behauptung eines Anstiegs der Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte (vgl. Görgen & Hunold, 2019) in ihrem Kern auf ein Gefühl von „Respektlosigkeit, Autoritätsverlust, Nichtachtung" (Behr, 2013, S. 89) zurückzuführen ist (Gensing, 2020; Hunold, 2012; Susanne vom Hau, 2017; Weber, 2020).

Der Autoritätsverlust ist dabei einerseits Folge einer Bürgerpolizei, die sich zunehmend der Zivilgesellschaft angenähert hat und hierbei gleichzeitig gegenüber einigen Bevölkerungsgruppen an Respekt eingebüßt hat (Behr, 2013). Andererseits wurde das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger durch Berichte über Korruption (Süddeutsche Zeitung, 2015), rechtsextremistische Polizeibeamte (Bundesamt für Verfassungsschutz, 2020; Parth, 2020), Racial Profiling und übermäßige Gewaltanwendung (Gensing, 2020) erschüttert.

Strukturelle Gewalt, Rassismus und Polizeigewalt sind Themen, die in der (US-amerikanischen) Rapmusik bereits seit den 1980er Jahren verhandelt werden. Bekanntere und kontroversere Beispiele wie „Fuck the Police" von N.W.A. (1988), „Cop Killer" von Bodycount (1992) oder „Sound of da Police" von KRS One (2000) stellen dabei nur eine winzige Auswahl aus einem nur schwer überschaubaren Sujet dar. Insbesondere die wachsende Popularität des Gangsta-Rap hat seit den 1990er Jahren bis heute die thematische Beschäftigung mit der Polizei zu einem allgegenwärtigen Thema in Rap-Liedtexten werden lassen.

Dieses Phänomen lässt sich auch für deutschsprachige Rapmusik beobachten (vgl. Wickert, 2018). Die Beispiele reichen dabei vom bereits 1995 erschienenen Stück „Geh zur Polizei" des Heidelberger Produzenten und Rappers Boulevard Bou bis zur Thematisierung der Tötung von George Floyd durch einen US-amerikanischen Polizisten in dem Lied „I can't breathe" von Samy Deluxe (2020).

Das hier vorliegende Forschungsprojekt sieht eine inhaltsanalytische Untersuchung der Darstellung der Polizei in deutschsprachigen Rapliedern vor, die zwischen 2015 und 2022 in den Charts verzeichnet waren. Nach dem theoretischen, methodologischen Verständnis der Cultural Criminology „the street scripts the screen and the screen scripts the street" (Ferrell et al., 2015, S. 151). Das Reale und das Virtuelle, das Fiktionale und das Faktuale stehen hiernach in einem immerwährenden, sich gegenseitig beeinflussenden Wechselspiel und Deutungsspirale. Respekt und Autorität werden zu kollektive Symbolen, deren Bedeutung in Liedtexten verhandelt wird. „ACAB ist Popkultur" (Niessen, 2017).